Antibiotika – wirksam bei bakteriellen Infektionen

Doch damit die Wirksamkeit erhalten bleibt, ist die verantwortungsvolle Einnahme Pflicht

Die Entdeckung von Penicillin im Jahre 1928 durch den Mediziner und Radiologen Alexander Fleming gehört zu den wichtigsten Meilensteinen in der Medizingeschichte. Seit der Einführung des Penicillins als erstes Antibiotikum auf dem Markt (1942) können bakteriell verursachte Infektionskrankheiten wirksam behandelt werden. Doch damit das so bleibt, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika notwendig.

Dr. Christina Wessels, Oberärztin und Fachärztin für Hygiene, Umweltmedizin und Anästhesiologie, ©Kliniken der Stadt Köln

Jährlich am 18. November findet der Europäische Antibiotikatag zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit im Sinne einer verantwortungsbewussten Antibiotikaeinnahme statt. Denn der korrekte Einsatz von Antibiotika trägt dazu bei, die Entwicklung resistenter Bakterien einzudämmen, sodass diese Medikamente auch in Zukunft wirksam bleiben.

Wann also ist die Einnahme von Antibiotika sinnvoll und worauf ist unbedingt zu achten?

Zunächst einmal handelt es sich bei Antibiotika um Arzneimittel, die gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren wirksam sind. Antibiotika haben einen hemmenden Einfluss auf den Stoffwechsel von Mikroorganismen und wirken so deren Fortbestand und Vermehrung entgegen. Allerdings: Nicht jedes Antibiotikum wirkt auch gegen jedes Bakterium: Je nach Erregerart kommen verschiedene Substanzen zum Einsatz. Generell wird zwischen sogenannten Breitband-Antibiotika, die gegen viele verschiedene Bakterien wirken und Schmalspektrum-Antibiotika unterschieden; zweite wirken gezielter gegen spezifische Erregergruppen. Wenn Infektionen mit sogenannten multiresistenten Erregern, die gegen eine Vielzahl von Antibiotika resistent sind, vorliegen, kommen mitunter auch Reserveantibiotika zum Einsatz.
Antibiotika sind bei Erkrankungen wirksam, die durch Bakterien versursacht werden; dazu zählen die bakterielle Bronchitis, bakterielle Infektionen von Haut und Wunden, Blasen-, Mandel-, Lungen-, Mittelohr- oder auch Hirnhautentzündungen. Allerdings: Bei Erkältungskrankheiten, die durch Viren ausgelöst werden, sind alle Antibiotika wirkungslos. Wenn Antibiotika „ohne Grund“ eingenommen werden, kann dies gesundheitliche Nachteile mit sich bringen, beispielsweise allergische Reaktionen oder Resistenzentwicklungen, die dazu führen, dass Antibiotika nicht mehr wirken. Zudem wirken Antibiotika auch gegen eigentlich nützliche Bakterien, die auf unseren Schleimhäuten und der Haut leben.
Mitunter kann es zu einer bakteriellen Superinfektion kommen – nämlich dann, wenn Bakterien den Körper zusätzlich zu einem viralen Infekt schwächen. Konkret bedeutet das: Wenn Bakterien das ohnehin schon geschwächte Immunsystem zusätzlich belasten, kann sich ein viraler Infekt, beispielsweise der Atemwege, zu einer bakteriellen Lungenentzündung entwickeln. In diesem Fall ist die Einnahme eines Antibiotikums sinnvoll.

Einnahme nur nach Vorschrift

Teilweise kann es bei der Einnahme eines Antibiotikums zu starken Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Aus diesem Grund sollte vorab geklärt werden, welche Medikamente bereits eingenommen werden. Zu klären sind außerdem vorliegende Vor- und Begleiterkrankungen sowie eine (geplante) Schwangerschaft und akute Stillzeit. Wechselwirkungen sind mit verschiedenen anderen Medikamenten möglich. So kann der verhütende Effekt der Pille durch die Einnahme von Antibiotika nachlassen, weil diese die Darmflora und somit auch die Aufnahme der Hormone beeinträchtigen; bei anderen Antibiotika wird die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten verstärkt. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Alkoholkonsum während der Medikamenteneinnahme: Im Zusammenspiel mit dem Wirkstoff Metronidazol wirkt Alkohol oft deutlich stärker als gewöhnlich. Insgesamt wird während der Antibiotikaeinnahme von Alkohol abgeraten, da er die Organe strapaziert und die Genesung somit verzögern kann.
Ist die Einnahme eines Antibiotikums notwendig, ist ein ausreichend hoher und gleichmäßiger Wirkstoffspiegel des Antibiotikums im Körper zur Bekämpfung der Infektion wünschenswert. Betroffene sollten daher prüfen, ob das Medikament vor oder nach den Mahlzeiten eingenommen werden sollte – am besten immer mit einem großen Glas Leitungswasser (circa 250 ml). Milch, Kaffee oder Tee eignen sich nicht, da sie die optimale Aufnahme des Medikaments im Körper beeinträchtigen und die Wirkweise des Antibiotikums sogar einschränken können. Auch auf Milch¬produkte wie Käse, Quark oder Joghurt sollte vor und nach der Einnahme des Medikaments mindestens zwei Stunden verzichten werden.
Ein häufiger Fehler bei der Einnahme von Antibiotika ist, diese zu früh abzusetzen oder zu lange einzunehmen. Manche Infektionen, wie beispielsweise die Blasenentzündung, benötigen nur eine relativ kurze Therapiedauer; andere Infektionen, wie zum Beispiel Blutstrominfektionen, können aufgrund bestimmter Bakterien oder die Tuberkulose eine Therapie mit Antibiotika über viele Wochen erfordern. Die Entscheidung, wie lange ein Antibiotikum eingenommen werden muss, trifft der Arzt in Abhängigkeit von der Art der Infektion, den möglichen verantwortlichen Bakterien und vielen anderen Faktoren. So lassen sich Resistenzentwicklungen vermeiden und eine Gefährdung des Patienten durch eine zu kurze Therapie wird auch verhindert. Wenn ein Antibiotikum nicht gut vertragen wird, sollten Betroffene das Medikament nicht eigenmächtig absetzen, sondern umgehend das weitere Vorgehen mit ihrem Arzt besprechen. 
Für Kinder eignet sich sogenannte Antibiotika-Säfte, da sie leicht einzunehmen sind und häufig auch gut schmecken. Allerdings reagieren Kinder oftmals empfindlich auf Antibiotika, da sich ihre Darmflora noch im Aufbau befindet. Werden ihnen Antibiotika zu oft verabreicht, kann es zu negativen gesundheitlichen Folgen kommen. Ärzte wägen daher gründlich ab, ob die Einnahme eines Antibiotikums tatsächlich notwendig und sinnvoll ist.

Sollten so oft wie nötig und so selten wie möglich verordnet werden: Antibiotika. ©iStock, gresei

So oft wie notwendig und so selten wie möglich

Dieser Grundsatz gilt bei der Einnahme von Antibiotika, denn sie wirken nicht nur gegen die krankmachenden Erreger, sondern können auch die gesunde Darmflora schädigen. Obwohl Antibiotika allgemein gut vertragen werden, kann es wie bei allen Arzneimitteln zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen; dazu zählen empfindliche Reaktionen des Magen-Darm-Traktes wie Bauchschmerzen, Durchfall und Übelkeit. Auch allergische Reaktionen wie Hautrötungen und Juckreiz sowie Pilzinfektionen der Schleimhäute können auftreten. Bei Nebenwirkungen sollten Patientinnen und Patienten umgehend ihren Arzt aufsuchen.
Fatale Auswirkungen kann ein unbegründeter oder unsachgemäßer Gebrauch von Antibiotika haben, denn er führt dazu, dass Bakterien resistent werden und auf zukünftige Behandlungen nicht mehr ansprechen. Dies gefährdet nicht nur die Gesundheit dessen, der das Antibiotikum unsachgemäß eingenommen hat, sondern auch alle anderen Personen, die sich mit resistenten Bakterien anstecken und in Folge nicht mehr wirksam behandelt werden können. Die Verantwortung dafür, dass Antibiotika auch in Zukunft wirksam bleiben, liegt daher bei jedem einzelnen – das betrifft sowohl Arzt als auch Patient.

Und was unternehmen wir bei den Kliniken Köln, um den Antibiotikaverbrauch zu senken und zu optimieren?

Sogenannte Antibiotic Stewardship Experten mit einer speziellen Zusatzausbildung unterstützen den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika. Zudem wurden bei den Kliniken für die Therapie vieler Infektionen hauseigene Antibiotikaempfehlungen entwickelt, die sich an internationalen und nationalen Leitlinien orientieren und die Resistenzentwicklung gegenüber Antibiotika bei den Kliniken beachten. Wir führen Antibiotikavisiten auf den Intensivstationen durch, bei denen die optimale Antibiotikatherapie der Patienten besprochen wird. Regelmäßig finden Konferenzen statt, in denen festgelegt wird, ob beispielsweise hauseigenen Therapieempfehlungen aufgrund neuer Resistenzentwicklungen geändert werden müssen oder die Antibiotikaverbräuche der Kliniken ausgewertet werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Wessels.

Mehr Informationen zum Europäischen Antibiotika Tag unter https://antibiotic.ecdc.europa.eu/de

 

Seite zuletzt aktualisiert am 03.12.2020