Grippe? – Nicht mit mir!

Prof. Frauke Mattner, © Kliniken Köln

In der kalten Jahreszeit haben Viren und Bakterien besonders leichtes Spiel; es herrscht vermehrtes Ansteckungsrisiko. In öffentlichen Verkehrsmitteln, im Supermarkt, in Arztpraxen und Krankenhäusern begegnen wir täglich tausenden Krankheitserregern. Professor Frauke Mattner ist Chefärztin am Institut für Hygiene bei den Kliniken der Stadt Köln und weiß, wie sich eine Ansteckung vermeiden lässt.


Weshalb kommt es in der kalten Jahreszeit vermehrt zur Ansteckung?
Professor Mattner: In den Wintermonaten zirkulieren in der Bevölkerung zunehmend Influenza-Viren und andere respiratorische Viren (Atemwegsviren), die eine Grippe oder einen grippalen Infekt (Erkältung) auslösen können. Die trockenere Luft lässt unsere Schleimhäute in Mund und Nase austrocknen und schwächt damit die Abwehr. Viren können so leichter von anderen übertragen werden.

Wie genau kommt es zur Ansteckung?
Professor Mattner: Die Viren gelangen durch Niesen, Husten und sogar Sprechen eines infizierten Gegenübers in die Schleimhäute des Mund-Nase-Rachenraumes. Eine Übertragung durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch gelingt bis zu einem Abstand von einem Meter. Ein größerer Abstand behindert eine Ansteckung mit großer Sicherheit. An der Oberfläche von Gegenständen wie Smartphones, EC-Automaten, Türklinken oder (Roll-)Treppengeländern haften Viren über mehrere Stunden und können durch Berührung übertragen werden. Bei dieser „Kontaktinfektion“ gelangen die Erreger dann über die Handflächen in den Mund auf die Schleimhäute, auf denen die Viren dann die Zellen infizieren. Ein Eindringen dieser Viren über die intakte Haut ist nicht möglich. Eine Händewaschung kann die Erregerzahl deutlich reduzieren, eine Händedesinfektion mit einem alkoholischen Händedesinfektionsmittel kann die Erreger sicher inaktivieren.

Wie gefährlich ist eine Influenza-Virusinfektion?
Professor Mattner: Als "Influenza" oder "echte Grippe" bezeichnet man eine Erkrankung durch das Influenza-Virus. Wichtig ist, die „echte Grippe“ von einem grippalen Infekt (Erkältung) zu unterscheiden. Die Krankheitsverläufe bei Influenza variieren stark. Als Faustformel gilt die Drittel-Regel: 1/3 der Betroffenen nehmen die Infektion selbst gar nicht wahr, können den Erreger aber weiterverbreiten. 1/3 erkranken mit typischen Anzeichen wie Fieber, Husten, Schnupfen, Muskel- sowie Gliederschmerzen. 1/3 der Patienten erkranken schwer; dramatische Verläufe können auch zum Tode führen.

Kann ich einer Influenzainfektion vorbeugen? Wenn ich infiziert bin: Gibt es Maßnahmen, die den Krankheitsverlauf mildern?
Professor Mattner: Ein intaktes Immunsystem bietet guten Schutz vor infektiösen Erkrankungen und kann die Schwere und Länge vermindern. Wenn Sie folgende Dinge beherzigen, können Sie Vorsorge treffen und dazu beitragen, einen schwerwiegenden Krankheitsverlauf abzuwenden.
• Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen und trinken Sie ausreichend.
• Gehen Sie an die frische Luft. Sonnenlicht tut gut. Vermeiden Sie trockene Heizungsluft und lüften Sie öfter.
• Tragen Sie den Temperaturen angepasste Kleidung.
• Achten Sie auf ausreichend Schlaf und reduzieren Sie Stress.
• Lassen Sie sich gegen Infektionskrankheiten entsprechend der Empfehlung der „Ständigen Impkommission“ impfen.

>> Hier geht es zu aktuellen Empfehlungen der STIKO. Für bereits immungeschwächte Menschen, chronisch Kranke, Senioren oder Schwangere empfiehlt sich eine frühzeitige Impfung gegen Grippe. Diese Schutzimpfung muss jedes Jahr erneut aufgefrischt werden, weil sich die in der Bevölkerung zirkulierenden Viren verändern.

Wie lange bin ich ansteckend?
Professor Mattner: Es kann ein bis zwei Tage dauern, bis die Infektion bemerkt wird – die sogenannte Inkubationszeit. Die Ansteckungsgefahr besteht etwa fünf bis sieben Tage nach Beginn der Symptome. Eine Erkrankung durch Noroviren kann schon nach sechs Stunden ausbrechen. Bis zu zwei Tage nach Abklingen der Erbrechens- und Durchfallsymptomatik kann es über den Stuhl und über die Hände zu Ansteckungen kommen. Diese wird durch Händedesinfektionen oder Vermeidung von Kontakten zu Erbrochenem und Stuhl sicher verhindert.

Bin ich immun, wenn ich eine Erkrankung auskuriert habe?
Professor Mattner: Nach einer Influenzainfektion ist man gegen den jeweiligen Virus immun. Da aber die Typen variieren, sollte jährlich geimpft werden. Erkältungsviren wie die Rhinoviren führen nicht zu einer länger andauernden Immunität. Desgleichen hält eine Sicherheit gegen Noroviren nur für wenige Wochen an.

Aus aktuellem Anlass: Inzwischen gibt es vermehrt Fälle von Coronavirus in Deutschland. Wie kann ich mich gegen das neuartige Virus schützen?
Professor Mattner: Das Ansteckungsrisiko wird in Deutschland als gering eingeschätzt, da das Coronavirus als nicht so ansteckend gilt, wie beispielsweise Influenza oder Masern. Um eine Weiterverbreitung in Deutschland zu vermeiden bzw. einzudämmen, ist es wichtig, Verdachtsfälle zeitnah zu erkennen, sie schnellstmöglich zu isolieren und unter Beachtung der entsprechenden Hygienemaßnahmen zu behandeln. Es gelten die üblichen Hygieneempfehlungen, die auch vor Erkältungen, Durchfall- und Grippeviren schützen. Regelmäßiges und sorgfältiges Händewaschen mit warmem Wasser und Seife ist ein absolutes Muss. Hilfreich ist außerdem, einen bis zwei Meter Abstand zu Erkrankten zu wahren, sowie die "Husten- und Nies-Etikette" einzuhalten; das bedeutet in die Armbeuge zu niesen und husten bzw. in ein Taschentuch und dieses direkt im Anschluss zu entsorgen. Allerdings sind all diese Maßnahmen in Anbetracht der Grippezeit momentan jederzeit und überall empfohlen. Weitere (Fach-)Informationen zum neuartigen Coronavirus gibt es auf den Internetseiten des Robert Koch-Instituts.

Goldene Hygieneregeln, die jeder beachten sollte
1. Regelmäßiges Händewaschen mit Seife bzw. Händedesinfektion, beispielweise nach Benutzung der Toilette, vor dem Essen und nach dem Heimkehren. Auch nach dem Kontakt zu erkrankten Personen sollte man sich gründlich die Hände waschen. Grundsätzlich ist sowohl für Patienten mit geschwächtem Immunsystem, als auch für die Normalbevölkerung ein alkoholisches Händedesinfektionsmittel zu empfehlen. Fassen Sie sich mit ungewaschenen Händen keinesfalls in Auge, Nase und Mund, da dies häufig die Eintrittspforten für Krankheitserreger sind.

2. Es ist nicht unhöflich, wenn Sie auf das Händeschütteln zur Begrüßung verzichten, sollten Sie erkältete Personen in Ihrem Umfeld bemerken. Es ist auch nicht unhöflich zu einer erkälteten Person einen Abstand von mindestens einem Meter zu wahren.

3. Regelmäßiges Lüften verringert die Zahl erregerhaltiger feinster Tröpfchen in der Luft und senkt damit das Ansteckungsrisiko im Patientenzimmer oder zu Hause. Öffnen Sie mehrmals täglich für einige Minuten weit die Fenster, um gut durchzulüften.
Eine Mund-Nasen-Schutzmaske verringert die Anzahl der Keime, die ein Erkrankter in der Umgebung verbreitet. Umgekehrt kann eine Mund-Nasen-Schutzmaske dazu beitragen, sich vor einer Tröpfcheninfektion zu schützen. Sie schützt auch davor, unbewusst seine Hände an die Schleimhäute des Mundes und der Nase zu führen.

4. Wenn Sie selbst akut erkältet sind, schnäuzen Sie in Einmaltücher und entsorgen Sie diese umgehend. Bleiben Sie nach Möglichkeit zu Hause, um keine weiteren Personen anzustecken. Halten Sie Abstand von mindestens einem Meter zu anderen ein. Tragen Sie ggf. einen Mundschutz.

5. Husten Sie in die zum Mund geführte Armbeuge und nicht in die Hand.

Vielen Dank für das Interview, Frau Prof. Mattner.